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Alternde hämatopoetische Stammzellen
Hämatopoetischen Stammzellen (HSCs) sind in der Lage alle Zelltypen des hämatopoetischen Systems zu generieren, verfügen aber gleichzeitig auch über die Fähigkeit der Selbsterneuerung. Im Laufe des Lebens verlieren HSCs die Fähigkeit zur Selbsterneuerung und zeigen zudem ein reduziertes Potential zur Differenzierung in Zellen des adaptiven Immunsystems. Hierbei spielt zellulärer Stress aber auch wiederholte Aktivierung der HSCs durch Infektionen eine entscheidende Rolle. Die molekularen Ursachen für diese altersbedingten Veränderungen sind allerdings noch nicht vollständig verstanden.
Wir konnten in unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass die Inaktivierung des Transkriptionsfaktor Myc-interacting zinc finger protein 1 (Miz-1) diese Alterungsprozesse beschleunigt. Durch Genexpressionsanalysen und Untersuchungen der epigenetischen Veränderungen wollen wir neue Erkenntnisse über die molekularen Ursachen des Alterns von HSCs gewinnen. Diese Untersuchungen soll dazu beitragen, den alternsbedingten Funktionsverlust von HSCs zu verstehen.
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Epigenetische Veränderungen hämatopoetischer Stammzellen nach einer Sepsis
Als Sepsis bezeichnet man ein lebensbedrohliches Organversagen, das unter anderem durch eine fehlgesteuerte systemische Immunreaktion des Wirtes als Reaktion auf Infektionen verursacht wird. Derzeit ist Sepsis die häufigste Todesursache auf Intensivstationen weltweit. Das Immunsystem reagiert mit einer vermehrten Ausschüttung von Zytokinen auf eine bakterielle Infektion. Das Verhältnis von pro- und anti-inflammtorischen Zytokinen spielt bei der Entstehung einer Sepsis eine wichtige Rolle. Im Verlauf einer Sepsis/Infektion kommt es zu einem starken Abfall der Zellzahl, sowohl des angeborenen als auch des erworbenen Immunsystems. Dieses wird unter anderem durch einen gesteigerten Zelltod (Apoptose) der Immunzellen verursacht. Daraufhin kommt es - ähnlich wie bei altersbedingten Veränderungen - zu einer gesteigerten Produktion von Zellen des angeboren Immunsystems (myeloide Zellen) und eine Reduktion der Zellen des adaptiven Immunsystems (Lymphozyten).
Um dies zu gewährleisten treten HSCs in den Zellzyklus ein und produzieren Effektorzellen; wie dies reguliert wird und in wieweit dies für die Entstehung einer Sepsis oder ihre Spätfolgen verantwortlich ist, ist weitestgehend noch nicht verstanden.
Ziel unserer Forschung ist es, den Effekt einer Sepsis auf die Funktion von hämatopoetischen Stammzellen zu untersuchen. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf epigenetischen Veränderungen und ob dies Einfluss auf die Funktionalität der HSCs oder die daraus hervorgegangenen Effektorzellen hat.
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Genregulation und Tumorentstehung
Viele Faktoren, die bei der Entwicklung und Differenzierung von hämatopoetischen Zellen beteiligt sind, können durch eine Fehlregulation zur Tumorentstehung führen, hier spielen gerade Transkriptionsfaktoren eine wichtige Rolle. Der Transkriptionsfaktor c-Myc ist in vielen humanen Tumoren aufgrund chromosomaler Translokationen stark überrepräsentiert. Ein erhöhtes c-Myc-Level führt zu einer fatalen Fehlregulation von zellulären Prozessen wie ein veränderter Metabolismus, gesteigerte Proliferation, Zellwachstum und aktivierten Signalwegen. Durch die Verwendung des „Eµ-Myc“-Transgenen Mausmodells, dass der genetischen Ursache eines Burkitt’s Lymphoms ähnelt, können wir die molekularen Ursachen der Lymphomentstehung untersuchen. Einen Schwerpunkt bilden hierbei neuartige pharmakologische und genetische Konzepte, um mit der Funktion von c-Myc zu interferieren. Unsere Forschungsprojekte umfassen:
- Die Charakterisierung von Veränderungen während der malignen Transformation auf transkriptioneller Ebene
- Untersuchungen zur Wechselwirkung der Transkriptionsfaktoren Miz-1 und c‑Myc in B-Zellen und Lymphomen
- Die Verwendung von Histondeacetylase-Inhibitoren (HDACi) in der Behandlung von Lymphomen
Unsere Forschungsergebnisse sollen neue, mechanistische Einsichten in die Tumorentstehung liefern und zum tieferen Verständnis der komplexen Funktionsweise von Transkriptionsfaktoren beitragen. Darüber hinaus sollen potentielle molekulare Ziele für die Krebstherapie identifiziert werden.
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Adaptive Antwort auf zellulären Stress
Mehrzellige Organismen sind täglich unterschiedlichen Arten von Stress ausgesetzt, der zu Schäden, aber auch Erkrankungen wie Krebs führen kann. Um dies zu vermeiden, können Organismen auf unterschiedliche Weise auf Stress, wie DNA-Schäden oder Infektionen reagieren. So können DNA-Schäden in Zellen verschiedene Prozesse auslöse, dazu zählen Zellzyklus Arrest und Reparatur oder auch Apoptose.
Aktuelle Studien konnten zeigen, dass Sensoren für DNA-Schäden (wie zum Beispiel ATM) auch eine Immunantwort beeinflussen können. So konnte gezeigt werden, dass geringes Level an DNA Schäden die Überlebenschance von septischen Mäusen erhöhen, indem Autophagie induziert wird. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Sensoren für DNA Schäden auch die Expression von pro-inflammatorischen Zytokinen sowie eine Aktivierung des NF-kB Signalweges induzieren.
Der Transkriptionsfaktor Miz-1 kann die zelluläre Antwort auf DNA-Schäden regulieren, indem er unteranderem die Aktivierung der Apoptose-induzierten Zielgene des Tumorsuppressors p53 reguliert und so die zelluläre Stressantwort kontrolliert. Außerdem wurde gezeigt, dass Miz-1 die Expression des pro-inflammatorischen Faktors C/EBPδ hemmt und ohne Miz-1 die pro-inflammatorische Immunantwort übermäßig aktiviert wird.
Im Zentrum unserer Forschung stehen molekulare Mechanismen, die die Aktiverung von Immunzellen und die zelluläre Stressantwort miteinander verbinden.
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Die Rolle von Miz-1 in B-Lymphozyten
Das adaptive Immunsystem verliert im Alter signifikant Effektivität. Grundlegend für die schwindende Immunantwort ist eine graduelle Verschlechterung des adaptiven Immunsystems – häufig als Immunoseneszenz beschrieben – und führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für Entzündungen, Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder auch malignen Tumorerkrankungen im Alter.
Mithilfe eines B-Zell-spezifischen knock-out des Transkriptionsfaktors c-Myc-interacting zinc finger protein 1 (Miz-1) haben wir festgestellt, dass Miz-1 essentiell für die B-Zell-Homöostase und Immunkompetenz ist. Eine Deletion von Miz-1 führt zu vergleichbaren Effekten wie einen frühzeitigen B-Zell-Alterung führt. Mithilfe dieses Modellsystems ist es möglich die molekularen Mechanismen des immunologischen Alterns und die Verschlechterung der Immunantwort zu untersuchen.
Dabei geht es in unserer Arbeit speziell um die Ursache der verminderten Effektivität von B-Zellen und der sekundären Immunantwort, die Reaktion auf systemische Infektionen und die Rolle der Darmflora auf die Funktion des Immunsystems im Alter.
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Die Rolle von Miz-1 in T-Lymphozyten
Die konditionelle Inaktivierung von Miz-1 in der frühen T-Zell-Entwicklung führt zu einem fast vollständigen Verlust der T-Zell-Population. Um die Funktion von Miz-1 bei der T-Zell-Aktivierung und der adaptiven Stressantwort zu untersuchen wurde Miz-1 gezielt in reifen T-Zellen inaktiviert. Hier zeigte sich, dass Miz-1-defiziente T-Zellen einen Phänotyp zeigen, der sonst erst im Altern zu detektieren ist, was auf eine Rolle von Miz-1 bei der der T-Zell-Reifung hindeutet.
Wir wollen die Rolle von Miz-1 bei der T-Zell-Aktivierung und Immunantwort untersucht werden. Dabei wird neben der Zytokinproduktion auch die DNA-Schadensantwort untersucht.
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Die Rolle von Miz-1 und Myc im Wnt-Signalweg
Darmkrebs ist eine der weltweit häufigsten Todesursachen, und die Tumorinzidenz steigt mit zunehmendem Alter und einem ungesunden Lebensstil. Hier konnte eine wichtige Rolle des Wnt-Signalwegs bei der Entstehung von Darmkrebs gezeigt werden, am häufigsten als Folge von Mutationen im Wnt-Signalweg, die zu einer gesteigerten Aktivität führen. Das Proto-Onkogen Myc ist ein wichtiges Zielgen des Wnt/β-Catenin-Signalweg und die konstitutive Expression von Myc ist bei vielen Krebserkrankungen oft mit schlechter Prognose verbunden.
Wir und andere haben gezeigte, dass das Myc-interagierende Zn-Fingerprotein-1 (Miz-1) entscheidend für die Myc-induzierte Tumorentstehung ist. Hier reprimiert Miz-1 zum einen die Expression der negativen Zellzyklus-Regulatoren P21Cip1 und P15Ink4b. Darüber hinaus reguliert Miz-1 die zelluläre p53-Reaktion und wirkt der p53-induzierten Apoptose entgegen, die entscheidend ist, um die Entstehung von Krebs zu verhindern. Dieser Mechanismus ist abhängig von der Interaktion von Miz-1 und Myc. Außerdem kontrolliert zytoplasmatisches Miz-1, unabhängig von Myc, den Wnt-Signalweg durch den Schutz von Dishevelled (Dvl), durch Dapper1 (Dpr1) vermittelter Degradation und fördert so die Zellproliferation. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Miz-1 ein direkter Aktivator des Wnt-inhibitory factor 1 (WIF-1) ist.
Miz-1 spielt eine multiple-Rolle im Wnt-Signalweg und ist daher ein interessanter Kandidat für Untersuchungen zu den molekularen Mechanismen bei der Darmkrebsentstehung.