Forschung

in der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Dirk Hoffmeister

CAS Assay

Foto: Janis Fricke
  • Chinonsynthetasen und verwandte Enzyme

    Chinonsynthetasen ähneln mit ihrem modularen Aufbau und ihrem Mechanismus Peptidsynthetasen, katalysieren jedoch die Bildung von Naturstoffen aus α-Ketosäuren durch Knüpfung von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen. Die entstehenden Verbindungen, z.B. vom Terphenylchinon Atromentin abgeleitete Pulvinsäuren, können redoxaktiv sein und eine Rolle für den Ligninabbau spielen, jedoch auch Biofilmbildung oder bakterielle Motilität hemmen und so mikrobielle Gemeinschaften in der Umgebung der Pilze beeinflussen.

    Ein wichtiger Aspekt der aktuellen Arbeiten ist, wie die Gene für Chinonsynthetasen induziert werden und so zur Naturstoffproduktion führen. Für das Gen der Chinonsynthetase CorA des kobaltblauen Rindenpilzes Terana caerulea wurde - erstmals bei Pilzen überhaupt - eine doppelte lichtabhängige Regulation entdeckt, da sowohl die Transkription als auch vollständiges Spleißen des Transkriptes, und damit die Bildung der tiefblauen Corticin-Farbstoffe, von Licht abhängen. Das Gen der Chinonsynthetase NPS3 im Hausschwamm Serpula lacrymans wiederum wird stark exprimiert, wenn lytische Enzyme von Mikroorganismen aus seiner Umwelt seine Zellwand schädigen. Durch die Aktivität von NPS3 wird Atromentin gebildet, welches zu Pulvinsäure-Farbstoffen umgebaut wird.

    Diese Arbeiten werden durch den Sonderforschungsbereich 1127 ChemBioSysExterner Link sowie das Exzellenzcluster Balance of the MicroverseExterner Link gefördert und finden in Kooperationen mit den Arbeitsgruppen Arndt, Brakhage und Kothe statt.

    Publikationen

    Lawrinowitz S, Wurlitzer JM, Weiss D, Arndt HD, Kothe E, Gressler M, Hoffmeister D (2022) Blue light-dependent pre-mRNA splicing controls pigment biosynthesis in the mushroom Terana caerulea. Microbiol Spectrum 10:e0106522.

    Herkersdorf S, Krüger T, Wein P, Löffler S, Fontaine T, Gressler M, Hertweck C, Brakhage AA, Hoffmeister D (2021) Bacterial cell wall-degrading enzymes induce basidiomycete natural product biosynthesis. Environ Microbiol 23, 4360-4371.

    Tauber J, Gallegos-Monterrosa R, Kovacs, A, Shelest K, Hoffmeister D (2018) Dissimilar pigment regulation in Serpula lacrymans and Paxillus involutus during inter-kingdom interactions. Microbiology 164, 65-77.

    Tauber J, Schroeckh V, Shelest, E, Brakhage AA, Hoffmeister D (2016) Bacteria induce pigment formation in the basidiomycete Serpula lacrymans. Environ Microbiol 18, 5218-5227.

    Serpula lacrymans

    Foto: Kerstin Voigt
  • Polyketidsynthasen aus Ständerpilzen

    Eine wichtige Enzymklasse, mit der Pilze strukturelle Diversität erzeugen, sind die Polyketidsynthasen (PKSs). Verglichen mit den Schlauchpilzen (Ascomyceten) wurden die Vertreter dieser Enzyme aus den Ständerpilzen (Basidiomyceten) bislang fast gar nicht bearbeitet.

    In der Arbeitsgruppe wurden die ersten kanonischen Orsellinsäuresynthasen sowie erstmals die Funktion zweier zuvor unbekannter evolutiver Klassen der Basidiomyceten-PKSs aufgeklärt: die Polyensynthasen katalysieren die Biosynthese langkettiger gelb-oranger bioaktiver Farbstoffe, z.B. die Laetiporsäuren im Schwefelporling Laetiporus sulfureus, oder verwandten Verbindungen eines taxonomisch nicht im Detail bestimmten Schichtpilzes (Stereaceae). Ein weiteres aktuelles Projekt dreht sich um die zweite neuentdeckte Klasse von PKSs, den Hepta- und Octaketid-Synthasen. Sie sorgen in Schleierlingen (Gattung Cortinarius und verwandte Gattungen) für die Bildung von (Prä-)Anthrachinon-Farbstoffen.

    Die Arbeiten erfolgen in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Biomolekulare ChemieExterner Link um Professor Dr. Christian Hertweck sowie mit Professor Dr. Michael Müller vom Institut für PharmazieExterner Link der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

     

    Publikationen


    Löhr NA, Rakhmanov M, Wurlitzer JM, Lackner G, Gressler M, Hoffmeister D (2023) Basidiomycete non-reducing polyketide synthases function independently of SAT domains. Fungal Biol Biotechnol 10:17

    Löhr NA, Eisen F, Thiele W, Platz L Motter J, Hüttel W, Gressler M, Müller M, Hoffmeister D (2022) Unprecedented Polyketide Synthases Produce the Universal Anthraquinone Precursor. Angew Chem Intl Ed 61:e202116142.

    Seibold PS, Lenz C, Gressler M, Hoffmeister D (2020) The Laetiporus polyketide synthase LpaA produces a series of antifungal polyenes. J Antibiot 73, 711-720.

    Brandt P, Garcia-Altares M, Nett M, Hertweck C, Hoffmeister D (2017) Induced chemical defense of a mushroom by a double bond-shifting polyene synthase. Angew Chem Intl Ed 56, 5937-5941.

    Braesel J, Fricke J, Schwenk D, Hoffmeister D (2017) Biochemical and genetic basis of orsellinic acid biosynthesis and prenylation in a stereaceous basidiomycete. Fungal Genet Biol 98, 12-19.

    Lackner G, Bohnert M, Wick J, Hoffmeister D (2013) Assembly of melleolide antibiotics involves a polyketide synthase with cross-coupling activity. Chem Biol 20, 1101-1106.

    BY1

    Foto: Philip Brandt
  • Biosynthese von Psilocybin

    Arten der Basidiomycetengattung Psilocybe (die sogenannten Zauberpilze) produzieren Indolalkaloide, darunter Psilocybin, der Hauptinhaltsstoff von P. cubensis und P. cyanescens. Nach Aufnahme in den Körper erfolgt rasch die Dephosphorylierung zum Psilocin, der eigentlich psychoaktiven Verbindung. Psilocybin als prodrug erfährt gegenwärtig vermehrt pharmazeutische Beachtung, da es großes Potential zur Behandlung von schweren, therapieresistenten Depressionen besitzt.

    In der Arbeitsgruppe wurden erstmals die Biosyntheseenzyme für Psilocybin entdeckt und charakterisiert sowie erstmals Psilocybin biotechnologisch in vivo und in vitro erzeugt. Gegenwärtige Arbeiten umfassen die biochemische Charakterisierung der Biosyntheseenzyme, die biotechnologische Produktion von Psilocybin sowie die auf Psilocin beruhende Bläuungsreaktion der „Zauberpilze“. Die Arbeiten erfolgen in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Christian HertweckExterner Link sowie Dr. Bernhard Rupp (Medizinische Universität Innsbruck) und dem Usona-InstitutExterner Link in Madison, WI.

     

    Publikationen

    Lenz C, Dörner S, Trottmann F, Hertweck C, Sherwood A, Hoffmeister D (2022) Assessment of Intramolecular Hydrogen Bonds in Psilocin and Related Tryptamines. ChemBioChem 23:e202200183.

    Lenz C, Dörner S, Sherwood A, Hoffmeister D (2021) Structure elucidation and spectroscopic analysis of chromophores produced by oxidative psilocin dimerization. Chem Eur J 27, 12166-12171.

    Fricke J, Sherwood A, Halberstadt A, Kargbo R, Hoffmeister D (2021) Chemoenzymatic Synthesis of 5-Methylpsilocybin: A Novel Tryptamine with Potential Psychedelic Activity. J Nat Prod 84, 1403–1408.

    Lenz C, Wick J, Braga D, García-Altares M, Lackner G, Hertweck C, Gressler M, Hoffmeister D (2020) Injury-Triggered Blueing Reactions of Psilocybe “Magic” Mushrooms. Angew Chem Intl Ed 59, 1450-1454.

    Fricke J, Kargbo R, Regestein L, Lenz C, Peschel G, Rosenbaum MA, Sherwood A, Hoffmeister D (2020) Scalable Hybrid Synthetic/Biocatalytic Route to Psilocybin. Chem Eur J 26, 8281-8285.

    Fricke J, Sherwood A, Kargbo R, Orry A, Blei F, Naschberger A, Rupp B, Hoffmeister D (2019) Enzymatic route toward 6-methylated baeocystin and psilocybin. ChemBioChem 20, 2824-2829.

    Fricke J, Blei F, Hoffmeister D (2017) Enzymatic Synthesis of Psilocybin. Angew Chem Intl Ed 56, 12352-12355.

     

    Psilocybe cyanescens

    Foto: Dirk Hoffmeister
  • Inhaltsstoffe der Gattung Psilocybe

    Über Jahrzehnte wurden die Inhaltsstoffe der „Zauberpilze/magic mushrooms“ mit den Indolalkaloiden gleichsetzt. Unklare pharmakologische Phänomene wie der sogenannte entourage effect oder Lähmungserscheinungen nach Aufnahme holzbewohnender Psilocybe-Arten, die „wood lover’s paralysis“ deuten jedoch auf ein größeres Repertoire an Naturstoffen in diesen Pilzen hin.  Aktuelle Arbeiten befassen sich mit genetischen Untersuchungen zu Naturstoff-Genen in der Gattung Psilocybe sowie mit chemischen Analysen, die zur Entdeckung weiterer Naturstoffe geführt haben, darunter bioaktive β-Carboline sowie Verpacamide.

    Die Arbeiten erfolgen in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Biomolekulare ChemieExterner Link um Professor Christian Hertweck sowie CaaMTechExterner Link, Issaquah, WA.

     

    Publikationen

    Schäfer E, Seibold PS, Bartram S, Trottmann F, Hänsch V, Gressler M, Chadeayne A, Hertweck C, O'Connor S, Hoffmeister D (2023) A "Magic Mushroom" Multi-Product Sesquiterpene Synthase. ChemBioChem 24:e202300511.

    Dörner S, Rogge K, Fricke J, Schäfer T, Wurlitzer JM, Gressler M, Pham DNK, Manke DR, Chadeayne AR, Hoffmeister D (2022) Genetic survey of Psilocybe natural products. ChemBioChem 23:e202200249.

    Blei F, Dörner, S, Fricke S, Baldeweg F, Trottmann F, Komor A, Meyer F, Hertweck C, Hoffmeister D (2020) Simultaneous production of psilocybin and a cocktail of β-carboline monoamine oxidase inhibitors in ‘magic’ mushrooms. Chem Eur J 26, 729-734.

  • Naturstoffe aus basalen Pilzen

    Mortierella alpina

    Foto: Lst. Pharmazeut. Mikrobiologie

    Basale Pilze (engl. early-diverging fungi, EDF) werden seit Jahrhunderten im asiatischen Raum in der Nahrungsmittelproduktion (Tofu, Tempeh) verwendet. Erst seit Kurzem ist bekannt, dass ihr Erbgut auch Gencluster besitzen kann, die für Biosynthese-Enzyme für Naturstoffe codieren und vermutlich von bakteriellen Endosymbionten abstammen. Als Modellorganismus zur Untersuchung der Enzymatik, der evolutionären Herkunft und der Anwendbarkeit von Naturstoffen aus EDF nutzen wir den Pilz Mortierella alpina, dessen fettsäurehaltiges Öl in der Herstellung von Babynahrung bereits großtechnische Verwendung findet.

    Wir konnten zeigen, dass Mortierella alpina eine große Anzahl von Oligopeptid-Naturstoffen herstellen kann. Die prominenteste Peptidfamilie stellen dabei die Malpinine dar - lineare Hexapeptide, die als Biotenside wirken können. Malpinine werden durch die nichtribosomale Peptidsynthetase (NRPS) MalA hergestellt, die nicht nur natürliche, sondern auch nicht-natürliche Aminosäuren als Grundbausteine verwenden kann. Somit kann ein einzelnes MalA-Enzym eine große Vielfalt an Naturstoffen hervorbringen. Mittels Klick-Chemie konnten wir Malpinine an ein Fluorophor koppeln und zeigen, dass Malpinine sehr gut von Fresszellen des Immunsystems aufgenommen werden. Sie stellen damit potentielle Trägerpeptide für medizinische Wirkstoffe dar.

    Die Malpinine werden kontinuierlich produziert. Dagegen werden die Cyclopeptidfamilien der Malpibaldine und Malpicycline nur unter bestimmten Bedingungen gebildet: Die verantwortlichen Gene mpbA und mpcA werden besonders in der Anwesenheit von Fructose exprimiert. Malpicycline haben eine moderat antibiotische Aktivität auf grampositive Organismen.

    Allen drei Produktfamilien ist gemein, dass sie besonders häufig verzweigtkettige Aminosäuren als Grundbausteine besitzen. Die Aufklärung der Regulation des Leucin- und Valin-Stoffwechsels ist daher ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung.

    Die Arbeiten erfolgen unter anderem in enger Zusammenarbeit mit der Gruppe Biosynthetisches Design von Naturstoffen um Dr. Hajo Kries (Hans-Knöll-Institut Jena), der Jena Microbial Resource Collection um Frau PD Dr. Kerstin Voigt (Hans-Knöll-Institut Jena), dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie um Professor Dr. Oliver Werz (Friedrich-Schiller-Universität Jena) sowie dem Lehrstuhl für Populations- und Evolutionsökologie um Professor Dr. Marko Rohlfs (Universität Bremen).

    Publikationen

    Baldeweg F, Warncke P, Fischer D, Gressler M (2019) Fungal biosurfactants from Mortierella alpina. Org Lett 21, 1444-1448.

    Wurlitzer J, Stanišić A, Wasmuth I, Jungmann S, Fischer D, Kries H, Gressler M (2020) Bacterial-like nonribosomal peptide synthetases produce cyclopeptides in the zygomycetous fungus Mortierella alpina. Appl Env Microbiol 87, e02051-20.

    Sonnabend R, Seiler L, Gressler M (2022) Regulation of the Leucine Metabolism in Mortierella alpina. J Fungi 8, 196.

    Wurlitzer JM, Stanišić A, Ziethe S, Jordan PM, Günther K, Werz O, Kries H, Gressler M (2022) Macrophage-targeting oligopeptides from Mortierella alpina. Chem Sci 13, 9091-9101.