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Meldung vom: | Verfasser/in: Ute Schönfelder
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Ob Sportverletzung, „Mausarm“ oder Schmerzen im Knie – zur Behandlung von akuten Entzündungen kommen häufig Kortisonpräparate zum Einsatz. Auch chronische Entzündungskrankheiten wie Asthma, Diabetes und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden mit Kortison-haltigen oder davon abgeleiteten Medikamenten behandelt. Der Grund: Diese Medikamente haben in der Regel einen sehr schnellen entzündungshemmenden Effekt. Allerdings gibt es auch Nachteile: Zum einen ist ihre therapeutische Wirkung oftmals zeitlich begrenzt, was anfangs sehr gut wirkt, zeigt über den Behandlungsverlauf einen immer geringeren Effekt; zum anderen können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten, darunter Osteoporose, erhöhte Infektanfälligkeit, Magengeschwüre und Stoffwechselstörungen.
„Es kommt beim Einsatz dieser Präparate folglich darauf an, ihre Anwendung zeitlich zu begrenzen und zu optimieren“, sagt Prof. Dr. Oliver Werz, Professor für Pharmazeutische Chemie von der Uni Jena. Doch wann ist das optimale Behandlungsfenster und wann ist der Einsatz von Kortisonpräparaten eher kontraindiziert? Diese Frage ließ sich bislang nicht eindeutig beantworten. In einer aktuellen Studie haben Prof. Dr. Oliver Werz und Dr. Markus Werner vom Institut für Pharmazie gemeinsam mit weiteren Forschenden der Uni Jena, des Jenaer Uniklinikums und der Harvard Medical School (USA) nun einen wichtigen biochemischen Mechanismus aufgeklärt, wie Kortisonpräparate in menschlichen Immunzellen entzündungsauflösend wirken und ebnen damit den Weg für einen optimierten Einsatz dieser Medikamente. In der heute erschienenen Ausgabe des renommierten Fachjournals „PNAS“ stellen die Forschenden ihre Ergebnisse vor (DOI: 10.1073/pnas.2302070120).
Kortison beeinflusst Enzyme zur Bildung entzündungsauflösender Botenstoffe
Im Verlauf einer Entzündungsreaktion treten zu Beginn zunächst entzündungsfördernde Immunzellen auf, darunter die sogenannten M1-Makrophagen. Sie produzieren entzündungsfördernde Botenstoffe (Prostaglandine und Leukotriene), welche die typischen Symptome wie Fieber und Schmerzen auslösen. Nach einigen Tagen folgt die zweite Phase, in der die Entzündung abklingt. Dann sind vermehrt Makrophagen vom Typ „M2“ aktiv, die entzündungsauflösende Botenstoffe produzieren (Resolvine). „Wir konnten in Untersuchungen an Zellkulturen zeigen, dass Kortison in den Immunzellen die Aktivität bestimmter Enzymgene reguliert, die das Entzündungsgeschehen direkt beeinflussen“, erklärt Markus Werner. Dadurch veranlasse Kortison in früh auftretenden M1-Makrophagen die Bildung entzündungsauflösender Resolvine, schwächt diese Funktion in den später auftretenden M2-Makrophagen aber stark ab.
Reguliert wird dieser Effekt durch das Enzym 15-Lipoxygenase, das in zwei Formen in den Immunzellen vorkommt, der 15-Lipoxygenase-1 und der 15-Lipoxygenase-2. „Wir fanden heraus, dass Kortison die 15-Lipoxygenase-2 in entzündungsfördernden M1-Makrophagen der frühen Entzündungsphase hochreguliert. Dieses Enzym katalysiert die Bildung von Resolvinen, wodurch Entzündungsprozesse gestoppt und aufgelöst werden, was für die positiven Effekte des Kortisons mitverantwortlich ist“, so Werner weiter. Zugleich zeigte sich in den Versuchen auch, dass Kortison diese für die Heilung wichtige Resolvinbildung in entzündungsauflösenden M2-Makrophagen unterdrückt, indem die 15-Lipoxygenase-1 quasi „abgeschaltet“ wird. „Das erklärt, warum die Anwendung von Kortison in der späteren Phase entzündlicher Erkrankungen nicht mehr zu einer Linderung der Symptome führt, ja sogar kontraproduktiv sein kann und Regenerationsprozesse hemmt“, ergänzt Oliver Werz.
Von der Laborbank in die Klinik
Nachdem die Forschenden die Mechanismen auf der Genregulationsebene entschlüsselt hatten, haben sie diese in weiteren Untersuchungen an Immunzellen aus Patientenproben überprüft. Eingeschlossen wurden Patientinnen und Patienten am Universitätsklinikum Jena, sowohl mit chronischen Entzündungserkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, als auch solche mit schweren akuten Entzündungen durch COVID-19, die mit Kortisonpräparaten behandelt wurden. Diesen Patientinnen und Patienten ist jeweils vor und nach der Medikamentengabe Blut abgenommen und dieses hinsichtlich der Entzündungsparameter und der Enzymaktivitäten untersucht worden. „Wie in den Versuchen an den Zellkulturen konnten wir in den mit Kortison therapierten Patientengruppen eine deutliche Hochregulierung der 15-Lipoxygenase-2 nachweisen“, unterstreicht Dr. Benjamin Giszas, der als Arzt aus der Klinik für Innere Medizin IV im Rahmen eines Clinician Scientist-Programms von der DFG gefördert wird.
Ihre Ergebnisse implizieren, so das Fazit der Forschenden, dass sich die Therapie entzündlicher Erkrankungen durch einen zeitlich limitierten Einsatz von Kortison und durch neue 15-Lipoxygenase-basierte Therapieprinzipien verbessern ließe und so auch das Auftreten typischer Kortison-bedingter Nebenwirkungen reduziert werden könnte.
Original-Publikation: Rao Z, Brunner E, Giszas B et al. Glucocorticoids regulate lipid mediator networks by reciprocal modulation of 15-lipoxygenase isoforms affecting inflammation resolution. PNAS 2023, https://doi.org/10.1073/pnas.2302070120Externer Link